Stellungnahme des Bundes Deutscher Sozialrichter (BDS) zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2024/1069 über den Schutz von Personen, die sich öffentlich beteiligen, vor offensichtlich unbegründeten Klagen oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren
Mit dem Gesetzentwurf soll die Richtlinie (EU) 2024/1069 des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz von Personen, die sich öffentlich beteiligen, vor offensichtlich unbegründeten Klagen oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren (ABl. L, 2024/1069, 16.4.2024) umgesetzt werden. Ziel ist es, missbräuchlichen Rechtsstreitigkeiten in Zivil- und Handelssachen entgegenzutreten, die gegen eine Person wegen ihrer Beteiligung am öffentlichen Meinungsbildungsprozess angestrengt werden (sogenannte SLAPP-Verfahren).
Der Gesetzentwurf ist erkennbar auf zivilrechtliche Auseinandersetzungen ausgerichtet. Dass Äußerungen im öffentlichen Meinungsbildungsprozess - sei es von natürlichen Personen in eigener Sache oder auch von Behördenvertretern - mittels missbräuchlicher Klagen vor den Sozialgerichten angegangen werden, ist für den BDS nicht erkennbar. Eine Anwendung der neu zu schaffenden Vorschriften der ZPO auf sozialgerichtliche Verfahren ist wegen der grundsätzlichen Unterschiede der Verfahrensarten auch nicht über die Verweisung in § 202 Satz 1 SGG möglich.
Der BDS sieht daher von einer Auseinandersetzung mit einzelnen Regelungen des Entwurfs ab.
Der Gesetzentwurf gibt jedoch Anlass daran zu erinnern, dass in der Sozialgerichtsbarkeit weiterhin das Problem, sogenannter „Vielklägern“ besteht, die in großer Zahl missbräuchliche Klagen erheben (vgl. nur Roller, NZS 2021, 508). Die JuMiKo hatte in ihrer Frühjahrskonferenz am 25./26. Mai 2023 einen entsprechenden Reformbedarf festgestellt und den Bund gebeten, einen entsprechenden Reformprozess anzustoßen (Top I.14). Die in der letzten Legislaturperiode vorgelegten Eckpunkte einer VwGO-Novelle II enthalten hierfür einen Lösungsvorschlag, der sich lohnen dürfte, weiter verfolgt zu werden.
Prof. Dr. Steffen Roller
Direktor des Sozialgerichts
Vorsitzender des BDS
