Nr. 05/15

Stellungnahme des Bundes Deutscher Sozialrichter (BDS) zur Stellungnahme des Bundesrates vom 6. November 2015 und zur Gegenäußerung der Bundesregierung vom 9. Dezember 2015 zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (BT-Drs. 18/6985)

 

Unsere Stellungnahme ergänzt die Stellungnahmen zum Referentenentwurf vom Juni 2015 und zum Regierungsentwurf vom Oktober 2015. Sie beschränkt sich auf die besonders problematische Regelung des § 404 Abs. 2 ZPO-E (Art. 1 Nr. 1 des Gesetzentwurfs): „Vor der Ernennung sollen die Parteien zur Person des Sachverständigen gehört werden.“

Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zugesagt hat, für das sozialgerichtliche Verfahren wegen dessen Besonderheiten eine Abweichungsbefugnis zu prüfen. Wir regen dringend an, die Sozialgerichtsbarkeit von der Anwendung des § 404 Abs. 2 ZPO-E auszunehmen. Dazu haben wir bereits in unserer Stellungnahme vom Oktober 20152 einen Formulierungsvorschlag ge- macht.

Wir bekräftigen unsere Ansicht, dass eine regelhafte Pflicht zur Anhörung der Beteiligten zur Person des zu ernennenden Sachverständigen zu schweren Verwerfungen in den sozialgerichtlichen Verfahren führen würde. Eine solche Anhörungspflicht ist aufgrund der Besonderheiten der Amtsermittlung im sozialgerichtlichen Verfahren und dem sich aus § 109 SGG ergebenden Recht des Versicherten, einen Arzt seines Vertrauens mit der Erstellung eines Gutachtens durch das Gericht betrauen zu lassen, sachfremd. Insbesondere sind erhebliche Verlängerungen der Verfahren und Mehrkosten zu erwarten. Dies sollte dringend vermieden werden, zumal davon auszugehen ist, dass die Zahl der Verfahren nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) in naher Zukunft ansteigen und sich dadurch die ohnehin hohe Belastung der Sozialgerichte weiter erhöhen wird.

Auch der Deutsche Richterbund hat sich in seiner Stellungnahme Nr. 25/15 vom Dezember 2015 in diesem Sinne geäußert und seine Forderung nach einer Abweichungsbefugnis für die Sozialgerichtsbarkeit wiederholt. Dies steht im Einklang mit der Gemeinsamen Erklärung der Präsidentinnen und Präsidenten der Landessozialgerichte anlässlich der 47. Richterwoche des Bundessozialgerichts. Dort ist an den Gesetzgeber appelliert worden, „bei den geplanten Änderungen im Sachverständigenrecht die negativen Auswirkungen auf die Sozialgerichtsbarkeit stärker zu berücksichtigen. Angesichts der neuen Herausforderungen, die an die Sozialgerichtsbarkeit gestellt werden, sollte auf die beabsichtigten Änderungen für die Sozialge- richtsbarkeit verzichtet werden.“

stVDirSG Dr. Steffen Roller

Vorsitzender des BDS