Nr. 04/23

Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Kindergrundsicherung und zur Änderung weiterer Bestimmungen


Von besonderer Bedeutung für den BDS sind die Auswirkungen des Gesetzes auf die sozialgerichtliche Praxis. Dies gibt Anlass zwei Gesichtspunkte anzumerken.

1. Rechtsweg


Der BDS hatte sich bereits im Vorfeld zum möglichen Rechtsweg geäußert (Stellungnahme vom 15. Februar 2023, www.bunddeutschersozialrichter.drb.de/positionen/stellung-nahmen/stellungnahme/news/2-22-1-1-1). Er hat sich darin für eine einheitliche Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit für die vorgesehene einheitliche Kindergrundsicherungsleistung ausgesprochen. Die dortigen Ausführungen haben weiterhin Gültigkeit.


Der Referentenentwurf sieht nunmehr einen „gespaltenen“ Rechtsweg zu den Sozial- und zu den Finanzgerichten vor, welcher der derzeitigen Rechtslage entspricht. Er zeichnet damit die vorgesehene materielle Regelung nach. Danach wird das steuerrechtliche Kindergeld im EStG belassen und die übrigen, originär sozialrechtlichen Regelungen in das neue BKG überführt.


Die befürchteten Probleme der gerichtlichen Praxis, insbesondere bei der parallelen Klärung vergleichbarer Fragen der Bedürftigkeit innerhalb einer Familiengemeinschaft (§ 2 BKG-E) in zwei Gerichtsbarkeiten, dürften damit vermieden werden. Sollte die Kindergrundsiche-rung in späteren gesetzgeberischen Schritten hin zu einer „einheitlichen“ Sozialleistung ver-ändert werden, würden sich diese Fragen allerdings erneut stellen. Perspektivisch spricht sich der BDS daher weiterhin für eine einheitliche Zuständigkeit der Kindergrundsicherung bei der Sozialgerichtsbarkeit aus.


2. Abstimmung mit dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II)


Im Verwaltungsverfahrensrecht für die Gewährung des Kinderzusatzbetrages, aber auch in einigen seiner materiell-rechtlichen Grundlagen werden weitgehend die Regelungen des § 6a BKGG übernommen. Soweit in den Regelungen des § 6a BKGG bewusst eine vom SGB II abweichende Systematik angelegt worden war, wird diese fortgeführt (etwa § 16 BKG-E als Fortführung von § 6a Abs. 7 BKGG gegenüber der Bedarfsbemessung im SGB II). Zu berücksichtigen ist, dass mit der Ausweitung des Kinderzusatzbetrages auf frühere Leistungsempfänger nach dem SGB II in Familiengemeinschaften weit mehr Personen mit zwei Verwaltungsbehörden und abweichenden Regelungen zu tun haben – einmal als Leis-tungsempfänger nach dem SGB II und einmal als gesetzliche Vertreter der Leistungsbe-rechtigten nach dem BKG. Nicht unmittelbar nachvollziehbare Gründe für die Unterschiede können Anlass für Widersprüche und Klagen sein.

Es sollte daher die Gelegenheit genutzt werden, insbesondere die Verwaltungsverfahren des SGB II und des BKG einander anzunähern.

Dr. Steffen Roller
Direktor des Sozialgerichts
Vorsitzender BDS

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